Vorträge Eingliederungshilfe
Gemeinsamer Impuls aus unterschiedlichen Perspektiven von Ralf Bremauer, Anke Tschenker und Philipp Tschenker
Alleine wohnen - Besser Leben
Über sich hinaus wachsen im eigenen Zuhause
Ausgehend von erheblichen Problemen eines Mitbewohners in der Wohngemeinschaft haben sich die Beteiligten gemeinsam auf die Suche nach alternativen Perspektiven gemacht. Unter den Leitgedanken „Nicht ohne mich“ wurden runde Tische, Zukunftskonferenzen und weitere Elemente „Personenzentrierter Hilfen“ gemeinsam eingesetzt. Nach über einem Jahr Vorbereitungszeit konnte dann der Umzug für diesen Menschen in eine eigene Wohnung mit Garten durchgeführt werden. Hier wurde die zuvor sehr sehr schwierige Zeit vor allem durch die Sicherheit der eigenen Wohnung zunehmend entspannt und bildet mittlerweile eine gute Perspektive für die Zukunft.
Gerne möchten wir drei Ihnen gemeinsam unsere Schritte und Prozesse des Vertrauensaufbau und der Realisation zwischen professionellen, ehrenamtlichen und familiären Helfern erläutern und sie für positive Perspektiven für Menschen mit besonderen Verhalten begeistern.
Dr. phil. Susanne Iris Bauer und Sandra Semmel (Co-Referentin)
Peers als Kolleg*innen in der Sozialpsychiatrie ‑ Perspektiven aus Forschung und Praxis
In diesem Beitrag geht es um die Einbeziehung von Erfahrungswissen in die Begleitung von Menschen mit psychischen Erkrankungen am Beispiel von Experienced Involvement (EX‑IN)Genesungsbegleitung berichtet. EX‑IN sind professionalisierte Peers und arbeiten in der sozialpsychiatrischen Versorgung als Kolleg*innen in den Teams mit. Sie leisten einen nicht zu ersetzenden Beitrag in der Zusammenarbeit mit Empowerment und der Vermittlung von Hoffnung und bringen neue Impulse für Partizipation und Inklusion. Aus Forschung und Praxis wird zur Wirkung von EX‑IN auf Angebote in den Diensten, auf Teamkolleg*innen und Service User aber auch auf EX-IN selbst berichtet und die Bedeutung von professionalisierter Peerarbeit als berufliche Perspektive und Rehabilitationsmaßnahme diskutiert. Abschließend wird es Zeit geben für einen offenen Austausch.
Zu den Personen: Dr. phil. Susanne Iris Bauer hat langjährige Erfahrung in der Begleitung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Ihre Dissertation schrieb sie zu "Experienced Involvement in der sozialpsychiatrischen Versorgung Deutschlands" am hessischen HAW Promotionszentrum an der HS Fulda. Sie ist Teil des Service User Involvement Netzwerks Deutschland und des internationalen Power Us - Learning Partnership.
Sandra Semmel ist EX‑IN Genesungsbegleitung und kann bereits auf mehrere Jahre Erfahrung blicken.
Sebastian Carls
Sucht und Einsamkeit. Ein psychotherapeutischer Einblick.
Wenn Einsamkeit auch kein neues Phänomen ist, steht es seit einiger Zeit im besonderen Fokus der Sozialwissenschaften, Sozialen Arbeit aber auch Psychotherapie. Trotz permanenter Verfügbarkeit durch soziale Medien greift das Gefühl einsam zu sein durch Generationen und soziale Schichten um sich. Doch wie ist es eigentlich um besonders vulnerable Gruppen wie suchterkrankte Menschen bestellt? Häufig sind gerade unsere Klient:innen im besonderen Maße von Einsamkeit betroffen. In diesem Beitrag soll aufgeschlüsselt werden, welche psychodynamischen Faktoren aus dem Krankheitsbild selbst die suchterkrankten Menschen besonders anfällig für das Erleben von Einsamkeit macht. Weiter wird darauf eingegangen, wie eine psychotherapeutische Bearbeitung von Einsamkeit und Sucht erfolgen kann und was wir daraus für unsere Praxis in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe lernen können.
Zur Person: Sebastian Carls hat nach seinem Studium der Psychologie und Soziologie über mehrere Jahre in verschiedenen Bereichen der Suchthilfe, sowohl im stationären als auch ambulanten Setting gearbeitet. Zuletzt leitete er die Ambulante Rehabilitation bei JJ. Parallel absolviert er eine postgraduale Weiterbildung zum Psychoanalytiker und Tiefenpsychologen (DPV) und lehrt an der Fachhochschule Rhein-Main.
Christina Enders und Marcel König
Einsamkeit verstehen heißt Beziehungen gestalten – Stimmen aus der Eingliederungshilfe und Pflege
Einsamkeit ist mehr als ein Gefühl. Sie prägt den Alltag vieler Menschen, insbesondere in der Pflege und Eingliederungshilfe. Doch wie wird sie erlebt, wahrgenommen und bewältigt?
Wir, Marcel König und Christina Enders aus dem Gesamtleitungsteam KOMM Ambulante Dienste e.V., stellen Ergebnisse einer internen Umfrage (genutzt wurde die De Jong Gierveld Loneliness Scale in einfacher Sprache) mit leistungsberechtigten Personen vor, die Assistenz- und/oder Pflegeleistungen über KOMM Ambulante Dienste e.V. beziehen. Dabei zeigen sich persönliche Erfahrungen ebenso wie strukturelle Herausforderungen.
Gleichzeitig werfen wir einen Blick auf die Fach- und Hilfskräfte: Wie gehen sie professionell mit Einsamkeit um? Welche Möglichkeiten bietet die Organisation zur emotionalen Selbstregulation? Und wie sicher bewegen sich Teams im biografieinformierten Arbeiten?
Ein Gesprächsanstoß auf Augenhöhe: über Nähe, Verantwortung und den Mut, Einsamkeit nicht allein zu lassen.
Zu den Personen: Marcel König (Organisationspädagoge M.A., in der Promotionsphase) und Christina Enders (Soziale Arbeit M.A. Steuerung und Beratung) sind Führungskräfte im Gesamtleitungsteam von KOMM Ambulante Dienste e.V. – einem Träger der Eingliederungshilfe und Pflege. Seit 2024 gestalten sie aktiv einen tiefgreifenden Kulturwandel in der Organisation: Mit einer soziokratischen DNA, die Hierarchien durch Beteiligung ergänzt, Orientierung durch Kreise gibt und den Generationenwechsel als Chance zur strukturellen Erneuerung begreift.
Als Teil der Generation Y verstehen sie Führung nicht als Kontrolle, sondern als Haltung. Für sie bedeutet Führung: persönliche Entwicklung vorleben, innere Arbeit leisten, Verletzlichkeit zeigen und genau dadurch präsent, wirksam und verbunden zu sein. Sie verbinden systemisches Denken mit sozialer Verantwortung und schaffen Räume, in denen Beziehung, Reflexion und Wandel zusammengedacht werden.
Kathrin Fuchs-Kautzky und Edgar Slatnow
Partnervermittlung und Party - die schönen, herausfordernden Seiten der Inklusion in Theorie und Praxis
Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir brauchen Anerkennung, Verständnis, Zuneigung, Kontakt zu anderen. Ohne diese Dinge "verkümmern" wir emotional. Was aber, wenn Beeinträchtigungen die Kontaktaufnahme erschweren? Wenn Zeitgeist und Lebensumfeld das Kennenlernen anderer Menschen kaum ermöglichen? Wenn Anerkennung, Verständnis, Zuneigung nur Dinge aus Film und Fernsehen sind?
Vor welchen Herausforderungen steht die moderne Sozialpädagogik?
Herzenssache.net und LIEBE x LEBEN x FEIERN sind zwei Projekte der EVIM Teilhabe, die es Menschen mit Beeinträchtigung auf ganz unterschiedliche Art und Weise ermöglichen wollen, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten.
Werfen Sie mit Kathrin Fuchs-Kautzky und Edgar Slatnow einen Blick hinter die Kulissen und vielleicht haben Sie am Ende Lust, selbst aktiv zu werden.
Stephanie Gellert-Beckmann
Fachliche Potenziale des BTHG für die Suchthilfe
Aus dem Paradigmenwechsel des SGB IX mit den Leitkriterien Selbstbestimmung, Teilhabe und Personenorientierung lassen sich fachliche Potenziale für den Personenkreis der Menschen mit Konsumstörungen ableiten. Sie umfassen z. B. die Ansätze Empowerment und Recovery, Sozialraumorientierung und Partizipation und sollen sich in der Haltung der professionellen Akteure und der Leistungsgestaltung der Leistungserbringer wiederfinden. Auch mit dem Nichtdiskriminierungsgebot der UN-BRK und den Verfahrensregelungen für die Leistungsträger im Teil 1 des SGB IX sollen Verbesserungen für die Lebenssituation der Betroffenen einhergehen. Die Umsetzung der Eingliederungshilfereform wird durch die haushalterische Situation der öffentlichen Hand derzeit ausgebremst; dennoch ist die Auseinandersetzung mit den Prämissen erforderlich und lohnt der Blick auf die Chancen des BTHG für den Personenkreis.
Zur Person: Frau Gellert-Beckmann ist Geschäftsführerin bei der Suchthilfe Wuppertal gGmbH und Autorin von Fachbeiträgen und Referentin zum BTHG.
Jonas Kabsch
Wirkung entfalten – Teilhabe gestalten: Partizipation in der Eingliederungshilfe
Partizipation stärkt Selbstbestimmung, Verantwortungsübernahme und Lebensperspektiven – und ist damit ein zentraler Baustein auf dem Genesungsweg. Der Vortrag beleuchtet, wie partizipative Strukturen in der Eingliederungshilfe nicht nur individuelle Entwicklung fördern, sondern auch die Praxis der Sozialpsychiatrie bereichern und weiterentwickeln können. Der Vortrag beleuchtet die verschiedenen Stufen der Partizipation – von Information bis hin zur Selbstorganisation – und diskutiert, wie Organisationen durch dialogische Haltung, strukturelle Beteiligung und echte Mitgestaltung Wirkung entfalten können. Dabei werden sowohl Herausforderungen als auch Chancen für Adressat:innen und Organisationen sichtbar gemacht – mit dem Ziel, Teilhabe als gelebte Haltung zu verankern.
Zur Person: Jonas Kabsch, Geschäftsfeldleiter „Teilhabe zum Leben“ sowie „Arbeit und berufliche Bildung“ bei der Bruderhaus Diakonie
Frank Löbler und Manja Buchenau
Zur Einsamkeit im Kontext von Qualität des Lebens – „Einsamkeit hat viele Namen“
Das aktuell überaus präsente Thema Einsamkeit wird aus der Perspektive eines sozialen Dienstleistungsunternehmens, dem Sozialwerk St. Georg, erörtert. Beleuchtet wird, was denn das Thema Einsamkeit für die Praxis der Teilhabeplanung und Leistungserbringung bedeuten könnte.
Die Referenten Frank Löbler und Manja Buchenau beginnen mit einer schrittweisen Annäherung an das Thema Einsamkeit. Sie stellen das im Sozialwerk St. Georg gelebte Konzept Qualität des Lebens dar.
Zum einen als Ansatz, passgerechte Teilhabeziele auf der Grundlage von individuellen Wünschen/Anliegen und Problemlagen herauszuarbeiten, die insbesondere soziale Isolation/Einsamkeit umfassen. Zum anderen wollen sie verdeutlichen, dass sich aus der Umsetzung in der Teilhabepraxis einsamkeitsrelevante Strategien für einen Leistungserbringer, der im gegebenen Sozialraum agiert, herausarbeiten lassen.
Zur Person: Herr Frank Löbler und Frau Manja Buchenau arbeiten im Ressort Qualität des Sozialwerks St. Georg in Gelsenkirchen, ein Leistungserbringer in Nordrhein-Westfalen mit ca. 2.500 Mitarbeitenden. Sie sind Experten für das Konzept Qualität des Lebens und deren Messung mit der Personal Outcomes Scale. Das Sozialwerk ist Vertragspartner der Jugendberatung und Jugendhilfe Frankfurt/Main. Beide arbeiten seit einigen Jahren vertrauensvoll zusammen.
Prof. Dr. Michael Noack
Einsamkeit: Ursachen, Folgen und Unterstützungsoptionen
Einführend wird Einsamkeit aus einer sozialökologischen Perspektive bestimmt, um zu verdeutlichen, welche gesellschaftlichen Aspekte neben individuellen Faktoren dazu beitragen können, dass sich Menschen einsam fühlen.
Aus dieser Bestimmung geht hervor: Nicht alle Menschen können ihr Einsamkeitserleben autonom regulieren. Präventions- und Unterstützungsmaßnahmen sind notwendig. Darauf aufbauend wird reflektiert, wie sich präventions- und interventionsbezogene Herausforderungen bearbeiten lassen.
Zur Person: Michael Noack, Dr. phil. (Jg. 1982), Krankenpfleger und Sozialarbeiter, folgte 2017 dem Ruf auf die Professur für Methoden der Sozialen Arbeit an die Hochschule Niederrhein. Auf das Einsamkeitsphänomen ist er durch seine Praxistätigkeiten und durch unterschiedliche empirische Studien gestoßen. Seit fünf Jahren beschäftigt sich Noack aus einer sozialökologischen Perspektive mit Einsamkeit und den Herausforderungen einsamkeitsbezogener Interventionen. Michael Noack ist Mitglied in der Sektion Gemeinwesensarbeit der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit und in der Sektion Soziale Arbeit und Netzwerke der Deutschen Gesellschaft für Netzwerkforschung.
Johanna Zühlke, LWV Hessen
„So erlebe ich Teilhabe in Hessen“ – Subjektive Perspektiven und strukturelle Herausforderungen im Kontext der Eingliederungshilfe
Der Vortrag stellt qualitative und quantitative Ergebnisse der Nutzer*innenbefragung „Ich bin gefragt! So erlebe ich Teilhabe“ des LWV Hessen vor. Befragt wurden Menschen im Leistungsbezug der Eingliederungshilfe zu ihrem subjektiven Erleben von Teilhabe, Zufriedenheit und Veränderungspotentialen in verschiedenen Lebensbereichen wie Wohnen, soziale Beziehungen, Arbeit und Freizeit. Neben subjektiven Erfahrungen und Handlungsspielräumen werden auch strukturelle Herausforderungen thematisiert.
Zur Person: Johanna Zühlke, M.A., leitet den Funktionsbereich Steuerungsunterstützung im LWV Hessen. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt neben der operativen, fachlichen Steuerung auf der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe u. a. über Fachthemen, Projekte und Befragungen.
Ihr Forschungsfokus liegt im Bereich der Qualitativen Sozialforschung mit vulnerablen Gruppen, der Analyse von Geschlechterverhältnissen und sozialer Ungleichheit.
Dr. Udo Nabitz und Sabine John
Kreativität und systematische Qualitätsentwicklung - ein Reisebericht
„PDCA-Zyklus“, „SWOT-Analyse“, „Benchmarking“, „Prozess-Landkarte“: die Kürzel, die im professionellen Qualitätsmanagement effiziente Methoden und systematische Vorgehensweisen bezeichnen, lesen sich für die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fachteams wie grauenvoller QM-Jargon: weit weg von ihrer Identifikation mit ihren Arbeitsaufträgen, ihren Hilfeleistungen für eine herausfordernde Klientel oder ihren Coaching-Qualitäten in Beratungs- und Therapieprozessen.
IN DER TAT: Qualitätsmanagement kann, bürokratisch praktiziert, in exzessiver Anfertigung von formalen Nachweisen und Aktenordnern voller Belege für’s Audit münden. ABER: Engagement für Qualität kann, kreativ verstanden und angegangen, auch richtiggehend begeistern.
In diesem Workshop geht es um das Spannungsverhältnis zwischen QM-Systematik und begeisterter Qualitätsverbesserung, die – das ist unsere Überzeugung – (fast) alle Mitarbeiter:innen zu motivieren vermag, sofern sie nicht innerlich gekündigt haben oder bräsig ihre Zeit absitzen wollen.
JJ hat vor über 30 Jahren beim niederländischen Suchthilfeträger und seinerzeitigen Gewinner des Niederländischen Qualitätspreises JELLINEK in Amsterdam vieles abgeschaut und in die eigenen Rahmenbedingungen und Praxisfelder übersetzt.
Der Workshop startet mit einer kurzen Zeitreise : Im Interview mit Dr. Udo Nabitz, dessen Ideen und Anregungen in den 1990er Jahren den Weg aus den Niederlanden nach Frankfurt fanden, werden einige seinerzeit elektrisierende Entdeckungen und Lernprozesse zwischen Amsterdam und Frankfurt nachgezeichnet. Sabine John, die heute als Qualitätsbeauftragte die Qualitätspolitik von JJ moderiert, demonstriert am Beispiel aktueller Entwicklungsaufgaben, wie auch heute und in Zukunft kreative Qualitätsentwicklung praktiziert werden kann.
Moderation: Werner Heinz